„Wie viel Freiheit einschränken, um Freiheit zu schützen?“ zu dieser sehr aktuellen und vielen weiteren Fragen äußerte sich Roland Jahn – Journalist, Leiter der Stasi- Unterlagenbehörde (BStU) und bekannter SED-Gegner – am Freitagvormittag in unsere Schule. Der 1953 in Jena geborene und 1983 zwangsausgebürgerte Dissident Jahn gab Schülern der 12. Klassen Einblicke in sein bewegtes Leben, in dem Höhen und Tiefen immer nah beieinanderlagen und immer noch beieinanderliegen.
Der etwas andere Geschichtsunterricht begann damit, dass Jahn über seine Biografie, die eng mit der Stadt Jena verbunden ist, berichtete. Die Schüler und Lehrer lernten viel über den engen Pfad zwischen Widerstand und Anpassung Jahns. Er selbst bezeichnete diesen als „Schlingerweg“ und „Eiertanz“. Eindrucksvoll schilderte Jahn, wie er immer weiter zwischen die Mühlräder der Stasi geriet und damit nicht nur er, sondern sein ganzes Umfeld gefährdet und menschenunwürdig behandelt wurde.
Doch „was kurzfristig als Nachteil erscheint, kann langfristig ein Vorteil sein“! Trotz der vielen Rückschläge schaffte es Jahn immer wieder aufzustehen und weiter für seine Werte zu kämpfen. Er hat aus diesen vielen negativen Erlebnissen „Stärke bezogen“. Als Jahn nach der Wiedervereinigung Deutschlands als einer der ersten Einblick in seine Stasi-Akte bekam, musste er zunächst tief durchatmen. Neben vieler zutiefst persönlicher Details erfuhr er auch, wer alles gegen ihn ausgesagt hatte. „Doch ohne die genaue Biografie eines Menschen zu kennen, kann man diesen auch nicht verurteilen.“ So sucht Jahn heute noch den Dialog, auch und gerade mit seinen Gegnern. Denn „in einer Diskussion Recht zu bekommen, ist viel weniger Wert, als eine Erkenntnis zu gewinnen.“
Viele Erkenntnisse haben auch unsere Schüler gewonnen. Wer eine „Diktatur begreift, kann Demokratie gestalten“ und „man sieht, was Geschichte ausmacht“ sind wohl wichtige Worte Jahns, die den Schülern helfen Geschichte besser zu verstehen und aus dieser zu lernen.
Durch all seine Erfahrungen, Werte und Eigenschaften ist Jahn viel mehr als nur eine symbolisch wichtige Figur für das wichtige Amt des Leiters der Stasi-Unterlagenbehörde. Auszeichnen kann er sich dadurch, dass er Opfern und Tätern mit Respekt gegenübertritt und mit seiner Behörde dazu beiträgt, für Aufklärung und Abschluss zu sorgen. Dafür „muss der Geschichtsunterricht auch immer mehr in den Familien stattfinden.“ Denn jeder hat sowohl „das Recht auf Vergessen“, als auch das „Recht, Fragen zu stellen“, was Jahn immer wieder betonte.